Archiv für den Monat: Februar 2015

Das Konzept von „The Gentle Storm“ finde ich sehr überzeugend

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Im letzten Monat habe ich Ihnen das neue musikalische Projekt vom holländischen Geschichtenerzähler ARJEN ANTHONY LUCASSEN ausgiebig vorgestellt und um das Drumherum eine Menge geschrieben. Nun möchte ich mich gezielt mit dem ersten Album des Projekts beschäftigen und es ein wenig mehr beleuchten. Als Partner konnte Lucassen seine Landsmännin ANNEKE VAN GIERSBERGEN gewinnen, die für die Geschichte und die Lyrics verantwortlich ist.

Das erste Album trägt den Namen „The Diary“, was im deutschen als „Tagebuch“ oder „Notizbuch“ beschrieben werden kann. Dieses Buch, welches die Konversation eines Liebespaares im 17. Jahrhundert belegt, stellt das Grundgerüst des ersten Konzeptalbums dar. Dabei zeigt sich ein deutlicher Fingerzeig in die Gegenwart unserer Gesellschaft, der tiefgründig und sehr aufschlussreich sein sollte. In der heutigen Zeit, wo soziale Netzwerke einen gewaltigen Platz in unserem Leben eingenommen haben, ist es schwer vorstellbar, wie vor einigen hundert Jahren die Menschen ohne solche Medien den Kontakt über weite Entfernungen aufrechterhalten konnten. Genau hier setzt „The Diary“ an und stellt anhand des Seefahrers Joseph und seiner Frau Susanne ein Szenario dar, was in der damaligen Zeit gewiss etliche Male so abgelaufen ist.

Bei „The Diary“ nur von einem Album zu sprechen ist ein wenig irreführend, da es sich ja eigentlich um zwei Alben handelt, die jeweils mit den gleichen Songs bestückt sind. Der Clou: Die Alben unterscheiden sich in ihrer musikalischen Umsetzung. Eine Idee, die ich sehr spannend und interessant finde!

Ich habe mir bei diesem Einstieg in das Projekt das Artbook gegönnt, was in der Aufmachung und der Gestaltung eine glatte Note 1+ bekommt. Mit sehr viel Liebe zum Detail werden die Songs graphisch umgesetzt und so die Geschichte einer Liebe zwischen zwei Menschen erzählt, ohne dass hier der Kitschfaktor übermäßig groß betrieben wird. Das zeigt sich dann auch an den Songs!

Die „Gentle“ Version dieser Geschichte kommt in einem eher ruhigen Fahrwasser aus den Boxen der Musikanlage. Sie stellt die Stimme von Anneke van Giersbergen schwer in den Vordergrund und lässt sich als akustische Version mit Folkeinflüssen beschreiben. Das Album verbreitet ein Gefühl des kleinen, eher privaten, Rahmens. Hier gewinnt man ein wenig den Eindruck, dass man der Hauptfigur Susanne als Freund in einem stillen Kämmerlein gegenüber sitzt und mit ihr über die Reise ihres Mannes und ihre Empfindungen philosophiert. Musikalisch ist diese Version ordentlich umgesetzt und lehnt sich auch teilweise an mittelalterlichen und orientalischen Klängen an. Es bietet symphonische Elemente, die sich gezielt im akustischen Bereich wieder finden, ohne dass sie die Dominanz auf diesem Album übernehmen.

Die „Storm“ Version kommt etwas härter, wenn auch nicht gerade am Anschlag des Metal, herüber. Sie wird musikalisch dramatischer und druckvoller gestaltet Hier vermute ich, dass die Protagonisten die Geschichte aus dem Erleben von Joseph darstellen wollten, der eine eher rauerer Welt innerhalb dieser zwei Jahre auf See erleben sollte. Das aber nur am Rande! Das Album gefällt mir persönlich ein wenig besser, aber dieses liegt grundsätzlich daran, dass ich mich nicht so häufig im seichten Fahrwasser der Musik bewege. Die mittelalterlichen und orientalischen Klänge sind auch in dieser Version gelungen verarbeitet worden und werden von den nun dominanteren symphonischen Elementen bis zu einem Cinematic Sound getrieben, der mir recht gut gefällt.

Ein komplettes Orchester wird für dieses Projekt nicht benötigt und wird auch von meiner Seite absolut nicht vermisst. Trotzdem treten in beiden Versionen wunderschöne symphonische Parts hervor. Diese werden durch Violine, Cello & Co. realisiert. Zumindest die „Storm“ Version wird sich auch in meiner Orchestra Chart Liste wieder finden.

Das Konzept von „The Gentle Storm“ finde ich sehr überzeugend und stellt Arjen Anthony Luccasen und Anneke van Giersbergen gute Noten in der Umsetzung aus. Dass der Hörer mehr bei der einen Version ist, als bei der anderen, liegt an dem persönlichen Geschmack des Einzelnen und sollte nicht weiter überbewertet werden. Man kann gespannt sein, wie sich diese Geschichte zukünftig entwickeln wird. Für meinen Teil würde ich es aber empfehlen, wenn man den Weg von zwei Alben mit gleichen Songs und unterschiedlichen Arrangements fortführen möchte, dass sich beide Versionen noch deutlicher in der musikalischen Umsetzung unterscheiden könnten. Ansonsten finde ich dieses Projekt sehr spannend und von meiner Seite bisher so bei noch keinem anderen Musiker nachzuvollziehen. Das macht die Einzigartigkeit des Projekts aus!